Tag 4, Teil 5/ Hassliebe

Montag 03.08.2015

Hassliebe

Sean

Gleichzeitig so zu Lieben und zu Hassen... 

Wie kann ich lieben, was mich so sehr hasst wie du?

 

Ich hatte mich dazu entschieden Leni erstmal nicht auf die Bilder an zu sprechen. Zuerst wollte ich mit meiner Mutter reden. Zu Hause angekommen entledigten wir uns, unseren Schuhen. Ich war erleichtert als ich Essen roch. Nicht nur weil mein Magen knurrte, nachdem ich die Nudeln bei Nele kaum angerührt hatte, sondern auch deshalb weil das bedeuten würde, meine Mutter hatte sich auf gerafft. Leni lief sofort in die Küche und als ich ihr hinterher kam, sah ich meine Mutter am Herd stehen. Sie brätelte gerade ein paar Frikadellen.

Leni bekam einen Kuss zur Begrüßung, mich beachtete sie nicht, also setzte ich mich einfach an den Tisch, Lenis Bilder hielt ich eingerollt in der Hand. „Wann ist das Essen fertig?“ Fragte Leni und sah in die Pfanne, meine Mutter schob sie ein Stück zurück: „Pass bitte auf, das ist heiß.“  Da war es wieder, das fürsorgliche das heute Morgen verschwunden war. „Ich brauche noch einen Moment.“ Fügte sie hinzu. Leni nickte: „Ich gehe solange noch spielen.“ Sie lief davon ohne eine Antwort ab zuwarten. Meine Mom dachte nicht daran, etwas zu sagen. Wahrscheinlich war ihr die Situation von vorhin immer noch unangenehm. 

„Kann ich mit dir reden?“ Ich legte die Bilder offen auf den Tisch. „Du siehst doch das ich grade Koche. Ich hab keine Zeit.“ Sie salzte ein paar Kartoffeln. „Ich hab mit Maria geredet.“ Sagte ich trotzdem. Sie legte die Wendegabel auf Seite, mit der sie grade die Frikadellen wenden wollte und drehte sich zu mir um, sagte aber nichts. Ich zeigte auf die Bilder: „Die hat Leni gemalt. Maria hat sie mir gegeben.“ Sie wischte sich die Hände an einem Küchenhandtuch ab und nahm die Bilder in die Hand.

Es dauerte nicht lange bis sie erschrocken eine Hand vor den Mund schob. Ängstlich sah sie mich an: „Hast du mit ihr darüber geredet?“ Sie blätterte weiter, um sich die anderen Bilder genauer an zu sehen. „Nein noch nicht.“ Ich musste Leni sagen dass sie damit aufhören musste. Meine Mutter nickte: „Sie darf das nicht tun.“ Sie legte die Bilder zurück auf den Tisch und wandte sich wieder dem Essen zu. 

„Maria will das melden.“ Ich sah sofort wie sie sich anspannte. Sie ballte die Fäuste, drehte sich wieder zu mir um: „Was zur Hölle hast du ihr erzählt?“ Wut stieg in mir auf: „Überhaupt nichts, ich hab gesagt ich hätte keine Ahnung woher sie das hat.“ Meine Mutter lachte ungläubig: „Und das hat sie dir geglaubt?“ Ich schüttelte den Kopf: „Nein.“

Sie fuhr sich nervös durchs Haar und ließ sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen. Ließ den Kopf hängen und vergrub ihn, in ihren Händen: „Sie werden sie mir weg nehmen.“ Ihre Stimme zitterte. Ich musste schlucken, der Gedanke löste auch in mir Angst aus. „Nein… das können sie nicht so einfach… das…“ Ich wollte ihr sagen dass ich das nicht zulassen werde, aber sie unterbrach mich. Sie riss den Kopf nach oben und sah mich wütend an: „Das ist nur deine schuld!“

 

 Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass das kommen würde, aber irgendwie war ich trotzdem nicht darauf vorbereitet. „Wenn du Steffen endlich in Ruhe lassen würdest…“ „Wenn ich ihn in Ruhe lassen würde? Mom! Wann merkst du endlich das er es ist, der immer wieder damit anfängt!“ Ich war wütend, verletzt, traurig… „Ach hör doch auf!“ Sie stand wieder von ihrem Platz auf: „Wir könnten hier einfach in Frieden leben wenn du nicht andauernd dazwischen funken würdest!“ 

Wieder musste ich schlucken, darauf war ich nicht vorbereitet gewesen. Ich hatte das Gefühl zu spüren, wie mein Herz brach. Wie konnte sie so etwas sagen? Die Pfanne auf dem Herd zischte und meine Mom zog sie sofort von der heißen Platte. Ich stand auf: „Willst du das ich gehe?“ Plötzlich wurde mir kalt. Sie sah mich nur kurz an, sagte aber nichts, sie kochte weiter, als wäre nichts gewesen, nahm die verkohlten Frikadellen aus der Pfanne.

 Ich wusste nicht wie ich ihre Reaktion deuten sollte, aber ich wusste das ich mit Leni reden musste, wenn ich wollte dass Maria keinen Grund zur Sorge hatte. Ich schnappte mir die Bilder und ging zu meiner Schwester ins Zimmer. Sie spielte auf dem Boden mit einem ihrer Teddys, immer noch war ich nicht ich selbst. War zu verletzt. Trotzdem musste ich kurz lächeln bei ihrem Anblick. 

Als sie mich bemerkte lächelte sie mich an. Ich setzte mich zu ihr auf den Boden: „Kann ich mal mit dir reden?“ Sie nickte, sah aber weg und bewegte ihren Teddy zu einem Tanz. Sie liebte tanzen. Ich setzte mich so dass ich meinen Arm um ihre Schultern legen konnte und zog sie an mich, jetzt nahm sie ihren Teddy nur auf den Schoß und fuchtelte verlegen an seinem Hosenträger herum. Ich zeigte ihr die Bilder. „Wieso hast du die gemalt?“ Sie zuckte mit den Schultern, das Gespräch schien ihr unangenehm zu sein.

„Willst du nicht darüber reden?“ Sie schüttelte den Kopf. Ich nahm ihr den Teddy aus der Hand und legte ihn bei Seite, drehte Leni so, dass sie mich ansehen musste. „Hör mal…“ Ich musste darüber nachdenken wie ich es ihr am besten sagen sollte. „…Steffen und ich wir… streiten uns manchmal. Aber das… ist überhaupt nicht schlimm okay? Menschen… streiten ab und zu.“ Ihre großen Augen ruhten jetzt auf meinen: „Und wieso?“

Ich lächelte sie an: „Das ist ganz normal. Manchmal versteht man sich nicht so gut. Oder der eine macht Dinge, die dem anderen nicht so gut gefallen. So wie… wenn jemand aus dem Kindergarten mit deinem Teddy hier spielen will.“ Ich nahm den Teddy wieder in die Hand: „Manchmal findest du das vielleicht nicht so gut, und dann bist du wütend auf jemanden.“ Sie nickte und nahm ihren Teddy wieder zurück, dann sah sie mich wieder an: „Habt ihr euch denn gar nicht mehr lieb?“

 Ich schluckte, hatte keine Ahnung was ich ihr sagen sollte… „Wir… versuchen es.“ Ich wollte sie nicht anlügen, ihr aber auch nicht die harte Wahrheit ins Gesicht sagen. Wieder nickte sie stumm. Ich nahm mir vor, noch mehr zu versuchen, Steffen aus dem Weg zu gehen. Vielleicht würde das schon reichen. „Kannst du mir etwas versprechen?“ Diesmal sah sie mich etwas aufmerksamer an. „Mal im Kindergarten nicht diese Bilder okay? Maria denkt dann… wir sind böse…“ Es fiel mir schwer, mich so aus zu drücken das sie es verstand. „Wieso?“ Wollte sie wissen. 

„Weil sie… es nicht versteht…“

Ende Tag 4

Hier geht es weiter mit Tag 5:

Tag 5, Teil 1 - Zufällige Begegnung

Da ich morgen doch spontan frei bekommen habe, und deshalb nicht früh ins Bett muss, hab ich es doch noch geschafft, das nächste Kapitel für euch fertig zu machen. Und ich bin sicher, morgen gibt es schon das nächste. Dann geht es weiter mit dem nächsten Tag.

Dieses Kapitel hat mich irgendwie ganz schön mit genommen, obwohl ich es schon tausend mal vorher gelesen habe. Was denkt ihr denn darüber?

Lasst mir doch mal ein wenig Feedback da, dann macht das ganze auch mehr Spaß. :)

Shaunee